Weiterbildung „Sexualität und Behinderung“
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Menschen mit Behinderung ist, wurde
mit der Weiterbildung ein neues Format
gewählt, das es ermöglicht, sich mit zahl-
reichen Themenfeldern und Fragestel-
lungen im Bereich „Sexualität und Behin-
derung“ Kenntnisse anzueignen und eine
Auseinandersetzung anzustoßen. „Die
sich verändernden Rahmenbedingun-
gen machen eine sexualpädagogische
Begleitung der Bewohner/innen unum-
gänglich. Die Mitarbeiter/innen sind
oft unsicher im Umgang mit den neuen
Anforderungen.“ (Sexualpädagogische
Materialien für die Arbeit mit geistig be-
hinderten Menschen, Hrsg.: Bundesver-
einigung Lebenshilfe für Menschen mit
geistiger Behinderung e.V., 2009).
Die berufsbegleitende Weiterbildung will
auf der Grundlage der IPPF
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-Charta der
sexuellen und reproduktiven Gesundheit
und Rechte sowie der UN-Behinderten-
rechtskonvention im Arbeitsfeld Sexuali-
tät und Behinderung qualifizieren.
Es werden Themen aufgegriffen wie
sexuelle und geschlechtliche Identi-
tät – insbesondere als Schwerpunkt im
Modul „LSBT*I und Behinderung“. „In
Institutionen lebt man heteronormativ,
alles ist darauf ausgerichtet, die Lebens-
wirklichkeit verläuft linear. Menschen mit
Behinderung suchen in der Regel nach
diesem konservativen Lebensmodell
(Frau und Mann, eigene Wohnung, Part-
nerschaft und Ehe, Kinderwunsch). Ihnen
wird in der Regel eine Lebensform unter
Einbeziehung von Vielfalt und Verände-
rung nicht zugestanden.“ (Winkler, „Wer
sagt mir, wie das Küssen geht? Sexuelle
Bildung bei Menschen mit einer Behin-
derung“, pro familia Magazin 02/2011).
Das Modul will über die Lebenssituation
von LSBT*I mit Behinderung in Einrich-
tungen der Behindertenhilfe informie-
ren. Im Modul „Prävention von sexueller
Gewalt in Familie, Institution und neuen
Medien“ erhalten die Teilnehmer/innen
einen Überblick über den Zugang von
Menschen mit Behinderung zu den neu-
en Medien und werden über mögliche
Gefahren wie z.B. cyber grooming infor-
miert.
Themen, die die gesamte Weiterbil-
dung durchziehen, sind Sexualität und
Sprache – „Methodisches und didak-
tisches Material allein reicht nicht aus.
Mitarbeiter/innen und Bewohner/innen
fehlt meist eine gemeinsame Sprache
über sexuelle Themen“ sowie die Aus-
einandersetzung mit den eigenen Nor-
men und Werten – „Mitarbeiter/innen
und Bewohner/innen sind gemeinsam
Teil eines dynamischen Prozesses, in
dem sie sich gegenseitig beeinflussen.
Betreuer/innen bringen einerseits ihre
Fachkenntnisse ein, andererseits ihre
Arbeits- und Lebenserfahrungen und
damit ihren persönlichen Arbeitsstil und
ihre persönlichen Haltungen.“ (Sexu-
alpädagogische Materialien für die Ar-
beit mit geistig behinderten Menschen,
Hrsg.: Bundesvereinigung Lebenshilfe
für Menschen mit geistiger Behinderung
e.V., 2009).
Die Weiterbildung zeichnet sich durch
eine enge Verzahnung von Theorie und
Praxis aus, so widmet sich ein Modul der
sexualpädagogischen Arbeit mit Grup-
pen. Hier erhalten die Teilnehmer/innen
das Rüstzeug für sexualpädagogische
Gruppenveranstaltungen mit Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen sowie für
Elternabende und -beratung.
Die Kenntnisse, die die Teilnehmenden in
der Weiterbildung erworben haben, kön-
nen in einem Praxisprojekt, dessen The-
ma die Teilnehmenden selbst wählen,
angewendet werden. Das Projekt wird
imVorfeld skizziert und eingereicht, dann
vor Ort durchgeführt und anschließend
im Abschlusskolloquium vorgestellt, aus-
gewertet und beurteilt. Bei Besuch von
mindestens vier Modulen, der Durchfüh-
rung des Praxisprojekts und der Teilnah-
me am Abschlusskolloquium wird nach
erfolgreicher Präsentation ein benotetes
Zertifikat ausgestellt.
Zur Vorbereitung auf die Projektpräsen-
tation bekommen die Teilnehmer/innen
Hinweise zu Methoden des Präsentie-
rens. In der Projektskizze und bei der
Durchführung des Praxisprojekts lernen
die Teilnehmer/innen, die wissenschaft-
lichen Erkenntnisse mit den praktischen
Tätigkeitsfeldern zu verknüpfen.
Monika Henne
Pädagogische Mitarbeiterin,
Stiftung Akademie Waldschlösschen
37130 Reinhausen, im Juli 2014
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IPPF: International Planned Parenthood Federation
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